Grundsicherung

 

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist seit dem 01. Januar 2005 eine Leistung der Sozialhilfe. Die Voraussetzungen dieser Leistung sind im Sozialgesetzbuch XII geregelt. Sie stellt keine Rente, aber auch keine Sozialhilfe dar. Neben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gibt es auch noch die Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II).

Behinderte Menschen haben einen Anspruch auf Grundsicherung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben und unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert ist ein Mensch nach der gesetzlichen Definition dann, wenn er wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die volle Erwerbsminderung muss dauerhaft sein und es muss als unwahrscheinlich angesehen werden, dass sie behoben werden kann.
Aus dem Grad der Behinderung (GdB), der für einen behinderten Menschen im Schwerbehindertenausweis vermerkt ist, kann nicht auf das Ausmaß der beruflichen Leistungsfähigkeit geschlossen werden. Ein behinderter Mensch, dem ein GdB von 100 zuerkannt worden ist, kann durchaus in der Lage sein, drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten.

Die Frage der dauerhaften vollen Erwerbsminderung muss nicht bei jeder/m Antragsteller/-in im Einzelfall überprüft werden. Bei bestimmten Personengruppen erübrigt sich die Überprüfung, weil bereits feststeht, dass der/die Antragsteller/- in dauerhaft voll erwerbsgemindert ist. Dies trifft z.B. auf Personen zu, die eine Dauerrente wegen voller Erwerbsminderung beziehen.
Bei allen anderen Grundsicherungsberechtigten muss der zuständige Rentenversicherungsträger prüfen, ob eine dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliegt.

Anspruch auf Grundsicherungsleistungen haben die Antragsberechtigten nur, wenn sie bedürftig sind, also ihren Lebensunterhalt nicht mit eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können. Bezieht also ein behinderter Mensch nach 20-jähriger Tätigkeit eine Erwerbsunfähigkeitsrente und ist in der Lage, mit dieser Rente seinen Grundsicherungsbedarf zu decken, hat er keinen Anspruch auf Grundsicherung. Erzielt ein behinderter Mensch Einkünfte, aus denen er zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, wird die Grundsicherung als Aufstockung zu dem bereits vorhandenen Einkommen geleistet.
Bestimmte Einkünfte wie z.B. das Pflegegeld nach dem Pflegeversicherungsgesetz dürfen nicht bedarfsmindernd auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Neben dem Einkommen müssen Grundsicherungsberechtigte auch ihr gesamtes verwertbares Vermögen zur Deckung ihres Grundsicherungsbedarfs einsetzen. Bestimmte Vermögenswerte werden jedoch vom Gesetzgeber geschützt, bleiben also bei der Bedürftigkeitsprüfung unberücksichtigt. Zum geschützten Vermögen gehört z.B. ein angemessenes Hausgrundstück, das von der/dem Grundsicherungsberechtigten bewohnt wird. Ferner werden Barbeträge oder sonstige Geldwerte (z.B. Spar- oder Kontoguthaben) von Grundsicherungsberechtigten nur insoweit berücksichtigt, als der Gesamtbetrag eine bestimmte Grenze übersteigt. Diese Vermögensgrenze wird aus einem Grundbetrag in Höhe von 2.600 Euro sowie Zuschlägen für gegebenenfalls vorhandene unterhaltsberechtigte Personen gebildet. Der Zuschlag für einen etwaigen Ehegatten beläuft sich auf 614 Euro, für jede weitere Person, die von der/dem Leistungsberechtigten überwiegend unterhalten wird, auf 256 Euro.
Die Grundsicherung darf ferner nicht von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, dessen Verwertung für die/den Grundsicherungsberechtigte/n eine Härte darstellen würde. z.B. privat genutzter PKW, wenn er/sie auf die Benutzung eines Pkws dringend angewiesen sind.

Neben dem eigenen Einkommen und Vermögen der Antragsteller sind auch das Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen, soweit es dessen notwendigen Lebensunterhalt übersteigt.

Unterhaltsansprüche der Grundsicherungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern werden nicht berücksichtigt, es sei denn, dass das jährliche Gesamteinkommen dieser Personen 100.000 Euro überschreitet. Unter Gesamteinkommen ist die Summe der Einkünftige im Sinne des Einkommenssteuerrechts zu verstehen. Bei Einkünften aus selbständiger Arbeit ist daher der Gewinn und bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten maßgeblich. Das Einkommen der Eltern wird – unabhängig davon, ob die Eltern zusammen oder getrennt leben oder geschieden sind – zusammengerechnet. Hat ein/e Grundsicherungsberechtigte/r mehrere Kinder, darf jedes bis zu 100.000 Euro verdienen.

Der Sozialhilfeträger darf die Einkommensverhältnisse der Eltern oder Kinder der Antragsberechtigten nur überprüfen, wenn im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der maßgeblichen Einkommensgrenze vorliegen. Derartige Anhaltspunkte können z.B. vorliegen, wenn die/der Antragsteller/in im Antragsformular angibt, dass ihr/sein Vater Chefarzt ist. In einem solchen Fall ist der Sozialhilfeträger zu weiteren Fragen, auch konkret zum Einkommen der Eltern, berechtigt.

Die Grundsicherung umfasst folgende Leistungen:

  • Den für die/den Grundsicherungsberechtigte/n maßgebenden Regelsatz.
  • Die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
  • Einen Mehrbedarf von 17% des maßgebenden Regelsatzes bei Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „G“ oder „aG“.
  • Einen angemessenen Mehrbedarf für kranke oder behinderte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen.
  • Die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeträgen.

 

Außerdem werden Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschl. der Haushaltsgeräte sowie die Erstausstattung für Bekleidung gewährt. Schulden können übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist.

Die Höhe des Regelsatzes beträgt für den Haushaltsvorstand 351 Euro und für einen volljährigen Haushaltsangehörigen 281 Euro. Haushaltsvorstand ist die- oder derjenige, die/der den größten finanziellen Beitrag zum Haushaltseinkommen leistet. Alleinstehende gelten stets als Haushaltsvorstand. Lebt ein behinderter Mensch in Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern, ist er als Haushaltsangehöriger anzusehen. Bewohnt er dagegen eine eigene Wohnung, ist er Haushaltsvorstand. Mit dem Regelsatz soll der laufende Unterhaltsbedarf wie Ernährung, Bekleidung, Haushaltsgeräte usw. abgedeckt werden.

Der Sozialhilfeträger zahlt die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung soweit sie angemessen sind. Bei Mietwohnungen wird die ortsübliche Miete für eine angemessene Wohnungsgröße übernommen. Für Alleinstehende wird in der Regel eine Gesamtfläche von 45 bis 50 qm und für einen Zwei-Personen-Haushalt eine Gesamtfläche von 60 qm als angemessen angesehen. Für jede weitere haushaltsangehörige Person erhöht sich die Wohnfläche um 15 qm. Eine zusätzliche Wohnfläche von 15 qm kann u.a. besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen (z.B. blinden Menschen oder Rollstuhlfahrern) wegen der besonderen persönlichen Bedürfnisse oder zur Vermeidung von besonderen Härtefällen zuerkannt werden.

Bewohnt die/der Grundsicherungsberechtigte ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung, umfassen die Aufwendungen für die Unterkunft beispielsweise die Schuldzinsen, die für einen Kredit zu bezahlen sind, den man für den Erwerb des Grundstücks aufgenommen hat. Tilgungsleistungen müssen dagegen unberücksichtigt bleiben, da sie der Vermögensmehrung dienen. Ferner zählen die Grundsteuer, Anliegerbeiträge, Kanalisationsbeiträge, Müllabfuhrgebühren sowie Beiträge zur Versicherung gegen Feuer, Diebstahl und Haftpflicht zu den Aufwendungen für die Unterkunft. Auch Ausgaben für die Instandsetzung und Instandhaltung des Eigenheimes sind als Aufwendungen zu berücksichtigen. Als Maßstab für die Angemessenheit der Aufwendungen zählt eine den Familienverhältnissen entsprechende angemessene Wohnungsmiete.
Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, dass der Grundsicherungsberechtigte keinen Anspruch auf Wohngeld hat.

Die Unterkunftskosten bei einer Haushaltsgemeinschaft berechnen sich nach der Zahl der vorhandenen Mitglieder der Hausgemeinschaft. In diesem Falle hat der Sozialhilfeträger den Teil der Unterkunftskosten zu übernehmen, der nach der Pro-Kopf-Aufteilung auf die grundsicherungsberechtigte Person entfallen. Abweichend hiervon erkennen einige Sozialhilfeträger in derartigen Fällen die Unterkunftskosten nicht an, weil sie der Auffassung sind, dass z.B. Kinder, die in Haushaltsgemeinschaften mit ihren Eltern leben, mietfrei wohnen und den Grundsicherungsberechtigten daher keine tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft entstehen.

Die Höhe der Leistung richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Hierbei spielen u.a. die Wohnsituation (alleinlebend oder Haushaltsgemeinschaft), der Wohnort (ortsübliche Miete), etwaige Mehrbedarfe und die Einkommenssituation eine Rolle. Daher ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit ein entsprechender Bedarf besteht.

Alle gesetzlich Krankenversicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen für die Leistungen der Krankenversicherung, z.B. für Arznei-, Verbands- und Hilfsmittel, Zuzahlungen leisten. Hierfür gelten allerdings Höchstgrenzen. Pro Kalenderjahr müssen Versicherte max. Zuzahlungen in Höhe von 2% ihrer Bruttoeinnahmen leisten. Bei chronisch kranken Menschen, die wegen derselben schwerwiegenden Erkrankung in Dauerbehandlung sind, liegt die Belastungsgrenze bei 1% ihrer Bruttoeinnahmen. Dies allerdings nur, sofern sie vor ihrer Erkrankung die für sie relevanten Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen haben oder nach Ausbruch der Erkrankung an strukturierten Behandlungsprogrammen für chronische Erkrankungen teilnehmen.

Als maßgebliche Bruttoeinnahmen wird bei Versicherten, die Grundsicherungsleistungen beziehen, der jährliche Regelsatz eines Haushaltsvorstandes angesehen. Die Belastungsgrenze einer/s Grundsicherungsberechtigten beträgt demnach 84 Euro (2% der Bruttoeinnahmen) oder – wenn die/der Grundsicherungsberechtigte an einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung leidet – 42 Euro (1% der Bruttoeinnahmen). Wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Jahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind.
Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, hilflos oder gehörlos sind, können beim Versorgungsamt für 60 Euro jährlich eine Wertmarke kaufen und damit öffentliche Nahverkehrsmittel unentgeltlich benutzen. Ist das Merkzeichen „H“ oder „Bl“ eingetragen, wird die Wertmarke auf Antrag unentgeltlich abgegeben. Kostenlos wird die Wertmarke ferner dann ausgegeben, wenn der zur Freifahrt berechtigte schwerbehinderte Mensch Grundsicherungsleistungen bezieht.

Behinderte Menschen, die in vollstationären Einrichtungen leben und dort Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII erhalten, haben, wenn sie dauerhaft voll erwerbsgemindert und bedürftig sind, ebenfalls einen Anspruch auf Grundsicherung. Es handelt sich hierbei dann um Einkommen der Heimbewohner, das sie als Eigenanteil zur Finanzierung der Heimkosten im Rahmen der Sozialhilfe einzusetzen haben. Der Bezug von Grundsicherungsleistungen führt also nicht dazu, dass einer Heimbewohnerin oder einem Heimbewohner mehr Geld zur Verfügung steht.

Die Grundsicherungsleistung wird nur auf Antrag gewährt. Dieser ist beim Sozialamt zu stellen. In den Antragsformularen können Angaben zu den persönlichen Verhältnissen sowie zur Einkommens- und Vermögenssituation gemacht werden. In der Regel wird die Grundsicherung für ein Jahr bewilligt. Bei einem erstmaligen Antrag ist Leistungsbeginn der erste Tag des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ist ein neuer Antrag auf Grundsicherungsleistungen zu stellen.

Die Entscheidungen der Sozialämter in Angelegenheiten der Grundsicherung unterliegen der Kontrolle der Sozialgerichtsbarkeit. Gegen unrichtige Bescheide ist fristgerecht – innerhalb eines Monats bei schriftlicher Rechtsmittelbelehrung, ansonsten innerhalb eines Jahres – Widerspruch beim Sozialhilfeträger zu erheben. Innerhalb der gleichen Fristen ist ggf. gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid schriftlich Klage beim Sozialträger einzureichen.